Nicht immer sind aller guten Dinge drei: Nach zwei 2:0-Siegen in Punktrunde und Pokal mussten die SF Gechingen am Samstag die größere Effektivität der SV Böblingen anerkennen. Der aktuelle Tabellenführer der Fußball-Landesliga, Staffel III, gewann am Ende vielleicht ein kleines bisschen zu deutlich mit 4:1

„Wir haben hier zweimal nicht gut ausgesehen und wollten unbedingt zeigen, dass wir es besser können“, war SVB-Trainer Thomas Siegmund erleichtert. Gleichzeitig war dieses 4:1 auch eine klare Ansage an die beiden Konkurrenten im Titelrennen, VfL Pfullingen und FC Holzhausen. Zumindest über Nacht wuchs der Vorsprung der Böblinger auf fünf beziehungsweise sechs Punkte an.
Erst pfui, dann hui – die zwei Gesichter der Böblinger Ersatzbank

Wie groß die Anspannung im SVB-Lager tatsächlich war, ließ sich an der 80. Minute festmachen, als nach Abdoul Goffar Tchagbeles 3:1 die komplette Ersatzbank aufs Feld stürmte, den Torschützen herzte und lautstark die Vorentscheidung bejubelte. In der Viertelstunde vor der Pause hatte sie noch ein ganz anderes Bild abgegeben. Da wurde es plötzlich laut von außen Richtung Schiedsrichter, Gechinger Spieler und Zuschauer – kurzum: gegen alle, die nicht dem eigenen Lager angehörten. Ersatzkeeper Marijo Milcic handelte sich die Gelbe Karte ein, auf dem Kunstrasen wurde aus einer bis dahin eher beschaulichen eine hitzige Angelegenheit. „Wir haben das in der Halbzeitpause thematisiert“, zeigte sich Thomas Siegmund einsichtig, „wir müssen ruhiger sein.“ Und nach kurzem Nachdenken: „Es war aber auch ein emotionales Derby mit ein paar grenzwertigen Entscheidungen.“ Das alles zusammengenommen rechtfertigte dieses Aufbrausen aber keineswegs – mehr Besonnenheit wäre ein besserer Ratgeber.
Zumal es auch kaum einen Anlass gab. Die SV Böblingen führte 1:0, weil gleich nach fünf Minuten Kai Becker und letztlich Bastian Bothner zu wenig aus einem fast verhängnisvollen Querpass von SVB-Kapitän Fabian Schragner machten, während auf der Gegenseite Sascha Raich seine individuelle Klasse aufblitzen ließ. Nachdem er bei seinen ersten beiden Schusschancen an SF-Keeper André Maidel gescheitert war, schob er nach 24 Minuten einen Abpraller nach eleganter Drehung humorlos über die Torlinie – 0:1. Für die Gechinger Abwehr ging das alles einen Tick zu schnell. Die höhere Geschwindigkeit war das eine Plus der SVB-Angreifer, das andere ihre Effektivität. „An vier Angreifer-Tore kann ich mich überhaupt nicht erinnern“, zog Trainer Thomas Siegmund mit einem Lächeln Bilanz.
Vor allem in der Schlussphase waren die Böblinger nicht mehr zu halten, bis dahin aber waren die Gastgeber ein ebenbürtiger Gegner. „Wir haben einen sehr ansprechenden Fußball gezeigt, viele gute Aktionen kreiert“, war SF-Trainer Benni Maier nicht unzufrieden mit der Leistung. Nach Bothners vergebener Großchance in der Anfangschance hatten die Gechinger dreimal Pech bei haarscharfen Abseitsentscheidungen, ein Kopfball des lang aufgeschossenen Kai Becker flog am Tor vorbei. Fast hatte es den Anschein, als würden die Böblinger ihren Gegner sich austoben lassen, um dann zuzuschlagen. Was mit dem 1:0 von Raich ja auch gelang.
Das 1:1 gleich nach Wiederanpfiff war vielleicht sogar die Quittung für die unerquickliche Viertelstunde davor. Wieder Becker war nach einer Ecke mit dem Kopf zur Stelle und ließ Dominik Traub zwischen den Pfosten keine Abwehrchance. Schon erstaunlich, dass die SVB trotz ihrer Kanten in der Abwehr nicht immer die Lufthoheit hatte, auch Bothner vergab danach noch zwei gute Möglichkeiten mit dem Kopf.
Die Böblinger Antwort auf den Ausgleich: Sascha Raich legte gefühlvoll auf für Marc Hetzel, der viele gute Szenen hatte und die Kugel diesmal flach und scharf an Maidel vorbei ins Netz drosch – 1:2 nur vier Minuten später. Sobald die SVB im Angriffsmodus aufs Tempo drückte, gerieten die Sportfreunde ins Schwimmen. Noch einmal roch es aber nach dem erneuten Ausgleich: Ein weiter Maidel-Abschlag flutschte Cedric Hornung unglücklich über den Scheitel, landete am Lattenkreuz des eigenen Tores und sprang von dort wieder ins Feld zurück. Das war Dusel, das man vielleicht als Mannschaft hat, die vorne steht.
Dafür verdiente sich die SVB den letztlich hohen Sieg in den Schlussminuten. Erst bereitete Hornung nach einer Balleroberung in der gegnerischen Hälfte und feinem Duett mit Raich mustergültig für Tchagbele vor – 1:3 (81.). Dann setzte der ebenfalls eingewechselte Dejan Djordjevic im Sechzehner entschlossen nach und traf zum 1:4, ehe er fast noch das fünfte Tor erzielt hätte, vom Schiedsrichter aber wegen eines Trikotzupfers zurückgepfiffen wurde. Was beweist, dass die SVB in der Offensive in dieser Saison trotz nicht immer optimaler Torausbeute richtig klasse aufgestellt ist, der Trainer auch die Qual der Wahl hat – wenn alle zur Verfügung stehen.
„Mit dem 1:4 sind wir deutlich unter Wert geschlagen worden“, haderte Gechingens Trainer Benni Maier. „Das war über 70 Minuten ein enges Spiel, auch wenn die Böblinger die Klasse besitzen, ihre Chancen eiskalt zu nutzen.“ Ein Lob für den Verlierer gab?s auch vom Gegenüber. „Gechingen kommt über den Kampf und die Emotionen. Und ist keine Mannschaft, die ihr Spiel zu schnell abschreibt“, erklärte Siegmund. Umso mehr freute er sich über das am Ende deutliche Resultat: „Dass wir ein Spiel frühzeitig entscheiden, auch über unsere Einwechslungen, ist ein schönes Gefühl – und kommt bei uns nicht so häufig vor.“
Bereit für die beiden Aufgaben gegen Darmsheim und Holzhausen

Die SV Böblingen scheint damit für ihre letzten beiden Auftritte im alten Jahr gut gerüstet zu sein: Erst nächsten Freitagabend gegen Darmsheim, dann ebenfalls zu Hause gegen Verfolger Holzhausen. Sogar der einzige Wermutstropfen, die frühe Verletzung von Philip Kalmbach, der mit Verdacht auf eine Oberschenkelzerrung ausschied, relativierte sich. Siegmund: „Er wäre bei den letzten zwei Spielen wegen eines schon länger geplanten Australien-Urlaubs sowieso nicht dabei gewesen.“

SF Gechingen: Maidel, Pretsch, Carl, Gräber (80. Buyer), Bothner, Pellino (60. Voellmer), Kielwein (83. Schmid), Becker, Kiwranoglou (66. Weinhardt), Schechinger, Schmidt.
SV Böblingen: Traub, Mari, Kalmbach (28. Kühnel/75. Djordjevic), Fredel (59. Tchagbele), Mayer, Knoll, Hornung, Schragner, Frölich, Raich, Hetzel (77. Emirzeoglu).
Tore: 0:1 (24.) Raich, 1:1 (47.) Becker, 1:2 (51.) Hetzel, 1:3 (81.) Tchagbele, 1:4 (85.) Djordjevic.
Schiedsrichter: Strauß (Ludwigsburg).
Zuschauer: 250.

Quelle: Kreiszeitung Böblingen