Manchmal sind die banalsten Erkenntnisse auch die treffendsten. “Fußball kann so ekelhaft sein”,
schüttelte Betreuer Rolf Kowalczyk von Verbandsligist SV Böblingen den Kopf. Die 0:1-Niederlage
beim VfB Neckarrems hatte allen im blau-weißen Lager aufs Gemüt geschlagen.
Die Entscheidung fiel eine Viertelstunde vor dem Ende: Erst scheiterte Daniel Knoll
mit einem Foulelfmeter am VfB-Keeper mit dem wohlklingenden Namen Luis Miguel Rodrigues,
im Gegenzug zwirbelte Sven Franzen einen 20-Meter-Freistoß in den Winkel – 1:0 für Neckarrems.
“Mir tut’s leid für die Mannschaft”, hatte Trainer Bernd Gluiber an der verpassten
Siegchance mächtig zu knabbern. “Wir waren gut organisiert, haben wenig zugelassen
und wollten immer wieder Nadelstiche setzen. Das ist uns auch gelungen.”
Kein Vergleich also zum letzten Testspiel gegen Normannia Gmünd (0:4), obwohl die Aufstellung
etwas gewöhnungsbedürftig war. Weil sich Sascha Raich im Abschlusstraining einen dicken Knöchel
zugezogen hatte und Ivan Vargas Müller mit seiner Knieverletzung sowieso noch eine Weile
ausfällt, sprach Gluiber von “nicht ganz optimalen Rahmenbedingungen”. Marcel Dann und
Nicolai Dittrich übernahmen diese Aufgabe, dahinter Simon Hauth auf der “Zehn”.
Die ganz große Gefahr ging nicht aus von ihnen, dafür leisteten sie ein großes Pensum,
liefen die Neckarremser immer wieder an. Viel gelingen wollte deshalb auf beiden
Seiten nicht. Kaum einer gab sich eine Blöße, viele hart geführte Duelle ließen
eher auf einen regelrechten Abnutzungskampf schließen, in dem sich auch die Gastgeber nur selten durchsetzen konnten.
Mit Ausnahme der 55. Minute. Nach einem der vielen weiten Diagonalbälle
auf Abdulsamed Akin eilte Böblingens Keeper Mike Zaglauer aus seinem Kasten,
zögerte, rutschte aus und hatte Glück, dass der Neckarremser nur das Außennetz traf.
Es war die klarste Möglichkeit, bis dahin hatte Zaglauer die Null problemlos verteidigt.
Dabei ist er eigentlich Torwarttrainer, musste aber deshalb ran, weil
Tom Talmon Gros ausfiel (Fingerbruch) und Ben Brenken nach langer Verletzungspause und Zahn-OP erst wieder ins Training eingestiegen war.
Hatte es den Anschein, als würden die Gastgeber in der Phase mehr Druck entfalten,
war plötzlich Böblingen am Drücker. Marcel Dann wurde nach einem Rückpass von
Christian Mijic, der mit seinen Tempoläufen auf der Außenbahn immer wieder für
Entlastung sorgte, abgeblockt, der Schussversuch von Nicolai Dittrich von der
Strafraumgrenze aus missglückte völlig. Die SVB musste viel investieren, um
in Tornähe oder zum Abschluss zu kommen. Und tat das auch. Wie in der 72. Minute:
Dittrich drehte sich im Sechzehner um seinen Gegenspieler, wurde gelegt – Elfmeter.
Eigentlich ein Fall für Ivan Vargas Müller, doch der fällt zurzeit aus.
Also schnappte sich Daniel Knoll die Kugel, eigentlich auch ein sicherer Schütze,
doch VfB-Keeper Rodrigues, auch bei der Sindelfinger Hallen-Gala als Neunmeterkiller
bekannt, hatte die Ecke gerochen. Als ob es Bernd Gluiber geahnt hatte, denn er
wollte gar nicht hinschauen, hatte sich abgedreht und die Hände gefaltet.
Doch irgendwie hatte der Fußballgott in dem Moment kein Einsehen.Und es
sollte noch schlimmer kommen für die SV Böblingen: 60 Sekunden später hieß
es 0:1 statt des möglichen 1:0, denn beim perfekt getretenen Freistoß von
Sven Franzen flog Zaglauer vergebens. Zwei Gelegenheit boten sich in der
Schlussphase noch, um die Niederlage abzuwenden. Erst hatte Christian Mijic
nach einem Abpraller freie Bahn, lief der Neckarremser Abwehr davon und auf
Torhüter Rodrigues zu, ließ sich dann aber fallen, anstatt den Ball ins lange
Eck zu schlenzen. Ein untauglicher Versuch, der keinen zweiten Elfmeter,
sondern nur eine Gelbe Karte einbrachte. Und in der 84. Minute scheiterte
auch Tim Kühnel mit einem platzierten Kopfball an Spielverderber Rodrigues.
Hätte sich Simon Hauth kurz vor dem Abpfiff nach einer unüberlegten Aktion
nicht nur die Gelbe, sondern die Rote Karte eingehandelt, wäre der Sonntag
endgültig im Eimer gewesen.
Kontakt nach oben vor dem Derby gegen Sindelfingen abgerissen
Eines ist nach diesem 0:1 und den Böblinger Personalsorgen im Angriff auf
jeden Fall klar: Der Kontakt nach oben ist abgerissen und dürfte so schnell
auch nicht wiederhergestellt werden können.
Der Blick geht also nach unten – erst recht vor dem Spiel am nächsten Sonntag
gegen den wiedererstarkten VfL Sindelfingen. “Wir nehmen trotzdem auch viel
Gutes aus diesem Spiel mit”, so Gluiber schon wieder kämpferisch auf dem
Neckarremser Kunstrasen, “und werden uns entsprechend auf das Derby vorbereiten.