Fußball-Verbandsliga Württemberg: Überraschende Entwicklung bei der abstiegsgefährdeten SV Böblingen

Paukenschlag bei Fußball-Verbandsligist SV Böblingen: Trainer Bernd Gluiber ist am Dienstagabend auf eigenen Wunsch von seinem Amt zurückgetreten, Nachfolger wird der frühere SVB-Spieler Denis Tuksar.

“Ich bedauere es sehr, dass sein Engagement hier in Böblingen nach nur zehn Monaten schon wieder zu Ende ist”, so Dieter Schneider aus dem SVB-Vorstandsteam über Bernd Gluiber. “Wir gehen in Freundschaft auseinander.”

Bereits am Samstag schickte Gluiber eine Mail an die Verantwortlichen und bat am Montag um eine Unterredung. “Er hat uns mitgeteilt, dass bei ihm die Erkenntnis gereift ist, dass er das Ruder nicht mehr herumreißen kann.” Zwei Stunden lang versuchten Dieter Schneider, Spielleiter Oskar Friedrich und Betreuer Andi Hesse ihren Trainer vom Gegenteil zu überzeugen, der sagte zu, auch noch mal eine Nacht drüber schlafen zu wollen, um dann aber definitiv den Rückzug anzutreten.

Bernd Gluiber war erst vor der Runde zusammen mit Steffen Lauser von der SpVgg Holzgerlingen gekommen. Aus der vermeintlich schweren Saison wurde zunächst eine sensationell gute, zwischendurch stand die SVB sogar auf dem Sprung an die Tabellenspitze. Doch mit dem 0:4 in Göppingen setzte sich ein Abwärtstrend in Gang, der nur punktuell unterbrochen, aber nie gestoppt werden konnte. Vorläufiger Tiefpunkt war die 0:2-Niederlage am vergangenen Freitag beim bisherigen Schlusslicht VfL Nagold. “Die Zahlen sprechen für sich”, so der 44-Jährige, der zuletzt eine ziemliche Leere in sich verspürte. “Am meisten schockiert hat mich die Leistung in den letzten beiden Spielen gegen Berg und in Nagold. Da musste ich mich auch als Trainer hinterfragen.” Nach dem 0:2 daheim gegen Berg hatte er auf eine Reaktion gehofft, doch die blieb aus. “Da stellt sich dann die Frage, ob nicht vielleicht doch der Zeitpunkt gekommen ist, mit dem Rücktritt ein Zeichen zu setzen. Wenn ein Ruck durch die Mannschaft gehen kann, dann jetzt und nicht erst in drei Wochen.”

Warum seine Mannschaft von den vergangenen zwölf Spielen nur zwei gewinnen konnte, ist ihm ein Rätsel. “Ich weiß nicht, was wir verpasst haben. Was diesen Trend ausgelöst hat.” Und mit leiser Stimme: “Mit meiner Ansprache in Nagold vor dem Spiel und während der Halbzeitpause habe ich die Spieler noch einmal versucht zu puschen. Aber, wenn man ehrlich ist: Das war die schlechteste Saisonleistung.”

Eine Einschätzung, von der Dieter Schneider nicht weit weg ist. “Das hatte in der ersten Hälfte allenfalls Bezirksliga-Niveau”, nimmt das Vorstandsmitglied der SVB jetzt vor allem die Mannschaft in die Pflicht. “Sie muss liefern, sie steht ganz klar in der Bringschuld.” An eine Trainerentlassung dachte er selbst zu keinem Moment. “Die Chemie zwischen Bernd Gluiber und Mannschaft hat schließlich gestimmt, deshalb tut mir die Trennung auch außerordentlich leid. Aber wenn er selbst zu der Überzeugung gelangt ist, die Wende nicht mehr zu schaffen, muss man die Entscheidung respektieren.”

Nachdem Gluiber am Dienstagabend der Mannschaft seinen Entschluss mitteilte und sein Co-Trainer Steffen Lauser die anstehende Übungseinheit leitete, begann für Dieter Schneider ein arbeitsreicher Mittwoch in Sachen SVB-Fußball. “Wir haben viel telefoniert, ich hatte schließlich keinen Plan B in der Tasche.” Einziger Name auf der Liste möglicher, sofort verfügbarer Kandidaten als Nachfolger: Denis Tuksar.

“Wir sind nicht abgeschlagen Letzter, haben alles noch selbst in der Hand”

Der 43-Jährige ist ein Böblinger “Eigengewächs”, schaffte mit der SVB kurz vor der Jahrtausendwende sogar den Aufstieg in die Oberliga Baden-Württemberg, wagte den Sprung zum VfR Aalen, ehe er seine Karriere beim TSV Schönaich ausklingen ließ. Inzwischen engagiert er sich in der Böblinger Jugendabteilung und kann relativ unbelastet an diese Aufgabe herangehen. Überrascht war er auf jeden Fall, als sich Dieter Schneider bei ihm meldete, nach kurzer Bedenkzeit sagte er zu. “Es hilft ja nix”, so Tuksar. “Es sind noch sieben Spiele in sechs Wochen, da müssen wir alles reinhauen.” Sein erstes Training leitet er am Donnerstagabend, zusammen mit dem als spielender Co-Trainer bleibenden Steffen Lauser, am Sonntag sitzt er gegen die TSG Backnang auf der Bank. “Wir müssen die Kräfte bündeln, dürfen gar nicht nach links oder rechts schauen.” Von der Mannschaft kann er sich ein ganz gutes Bild machen, gesehen hat er sie öfters in dieser Runde, Gedanken über die aktuelle Situation hat er sich auch gemacht. “Es gibt immer einen Grund für eine positive Serie wie zu Saisonbeginn und eine negative wie zurzeit.” Den herauszufinden und an den entsprechenden Stellschrauben zu drehen, wird in den kommenden Tagen seine vordringlichste Aufgabe sein. Worauf er sich vor allem stützt: “Es gibt genügend Spieler im Team, die solche Situationen schon zuhauf erlebt haben. Ich selbst habe in meiner aktiven Zeit auch gelernt, mit dem Druck umzugehen, wenn man oben oder unten steht.” Und außerdem: “Böblingen ist nicht abgeschlagen Letzter mit zehn Punkten. Wir stehen immer noch über dem Strich, haben also alles selbst in der Hand.”

Bernd Gluiber wird die weitere Entwicklung der SVB verfolgen. “Es bestand ja keine Kluft zwischen mir und der Mannschaft. Und ich hätte es mir auch anders vorgestellt, wäre gerne länger in Böblingen geblieben.” Aber nach diesem blutleeren Auftritt in Nagold zur Tagesordnung überzugehen, war nicht sein Ding. Dass er gerade zwei Tage auf einer Trainerfortbildung weilt, nötigt ihm fast ein Lächeln ab: “Eigentlich passt das ja gerade gar nicht. Es tut aber ganz gut, mit anderen Haudegen zusammenzusitzen, über Fußball ganz allgemein zu reden und Fußball zu schauen.”
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