Dieter Schneider gibt zum voraussichtlichen Saisonende am 30. Juni sein Amt als stellvertretender Abteilungsleiter der SV Böblingen nach exakt 26Jahren und sieben Monaten ab. Danach will er sich vor allem um die zuletzt vernachlässigte Schiedsrichtergruppe kümmern.

.Die Fußballabteilung der SV Böblingen ohne Dieter Schneider – eigentlich undenkbar. Doch in nicht einmal vier Wochen muss man sich an diesen Gedanken gewöhnen, denn dann ist tatsächlich Schluss. Sollte der außerordentliche Verbandstag dem vorgeschlagenen Ende der laufenden Saison zum 30. Juni zustimmen, gespielt wird ja schon lange nicht mehr, gibt Schneider sein Amt als stellvertretender Abteilungsleiter ab. „Ich bin schon so lange dabei“ blickt er zurück. „Am 30. November 1983 bin ich zum ersten Mal gewählt worden. Ende Juni ist das genau 26 Jahre und sieben Monate her.“ Eine kleine Ära und viele Kapitel der SVB-Fußballgeschichte, an denen er mitgeschrieben hat. Seinen Fünfzigsten hatte er zuletzt gefeiert, „gefühlt bin ich seit 49 Jahren Fan“. Im ersten Lebensjahr zogen seine Eltern von Gärtringen nach Böblingen, damals ging’s für ihn im Kinderwagen auf den Sportplatz. „Erinnern kann ich mich daran natürlich nicht mehr“, sagt er mit einem Lachen. Aber was ab 1975 mit der SVB passierte, weiß er dafür genau, und damals war er auch erst fünf. Spiele hat er seither kaum eines verpasst. „Wir sind bestimmt sechs, sieben Mal um den Erdball gefahren“, hat er sich die Mühe gemacht, hochzurechnen, wie viele Kilometer die Familie Schneider für die SVB Kicker zurückgelegt hat. „Ein Wochenende ohne Fußball war früher nicht vorstellbar“, gibt er zu. „Auch jeden Urlaub habe ich nach dem Terminplan ausgerichtet.“ Und das bestimmt vier Jahrzehnte lang. Doch mit Corona und den fußballlosen Wochen reifte bei ihm vielleicht die Erkenntnis, dass es auch ein Leben abseits des Spielfeldes gibt. „Dazu habe ich gerade das Gefühl, dass ich das alles sauber übergeben kann.“ Damit meint er vor allem das Trio Alexander Kayser als Vertreter des Hauptvereins an derzeit vorderster Front, Spielleiter Thomas Hahn und Marketingmann Kornelije Casni , die neu dazugekommen sind und sich aktuell um die Belange der Abteilung kümmern. „Immer noch zu wenig“, weiß Dieter Schneider, dass er eine weitere Lücke reißen wird. Aber: „Es entstehen neue Strukturen, das Führungsteam wird jünger“, sieht er für sich den 30. Juni als richtigen Zeitpunkt. „Ich wollte nicht einfach nur davonlaufen“, blickt er noch einmal auf die jüngere, überaus komplizierte Geschichte des SVB-Fußballs zurück. „Seit 2005 hatte ich manch schlaflose Nacht.“ Es war die Zeit, als Fritz Aichele nicht mehr länger Abteilungsleiter war und die Böblinger unter seinen Nachfolgern sportlich, aber vor allem finanziell, immer wieder in Turbulenzen gerieten. „Angespannt“, findet Dieter Schneider eine eher vornehme Bezeichnung für diese Jahre, „die mich viel Kraft gekostet haben“. Denn irgendwann war er sogar der Einzige, der den Kopf noch über Wasser hielt, obwohl immer mehr Aufgaben wie Mühlsteine an ihm hingen. Alle anderen hatten sich aus dem Staub gemacht oder resigniert aufgegeben. Ohne ihn als stellvertretenden Abteilungsleiter, und nicht als kommissarischer, wie er immer wieder zurecht betonte, wäre das SVB-Schiff also unweigerlich untergegangen. Und das alles steuerte er von Feuerbach aus, wo er mittlerweile seinen Lebensmittelpunkt hat. Dem Böblinger Fußball wird er dennoch treu bleiben. Und sich künftig einer Aufgabe widmen, die für ihn schon immer eine Herzensangelegenheit war
„die aber im Laufe der Zeit zu kurz kam“: die Betreuung der eigenen Schiedsrichtergruppe. „Vielleicht können wir da was Neues auf die Beine stellen.“ Denn nicht nur das Landesliga-Team hat in dieser Hinsicht Nachholbedarf, steht es doch in der Fairness-Tabelle auf einem der hinteren Plätze, auch die Zahl der Unparteiischen ist ausbaufähig. „Schon die 14-, 15-Jährigen ansprechen, sie dafür begeistern und sie dann auch engmaschig begleiten“, hat er sich fest vorgenommen. „Auch wenn ich selbst nie Schiedsrichter war.“ Und was ist mit seinen anderen Aufgaben? Programmheft, Stadionsprecher, Pressekonferenzen nach Heimspielen, der ganze Schriftverkehr mit dem Verband und vielleicht auch die Neuauflage des eingestellten Hallenturniers nach Weihnachten, die Organisation hatte er vor Jahren von
Rolf Mühlhäuser übernommen.
Dafür müssen neue Verantwortliche gefunden werden, sobald die nächste Saison irgendwann losgeht. Was nicht einfach wird.
Mit Dieter Schneider verliert die Abteilung nicht nur einen„sehr umgänglichen Menschen, mit dem die Zusammenarbeit
ausnehmend gut funktionierte“ (Alexander Kayser), sondern auch einen SVB’ler mit Herzblut.

„Wir suchen“, zeigt sich Kayser unerschütterlich, „wir kommen insgesamt aber auch gut voran.“ Die Posten Marketing und Personal sieht er sehr gut besetzt, „im Sponsoring müssen wir aber noch zwei Schippen drauflegen, um den Ansprüchen der Landesliga gerecht zu werden“.Und für ganz vorne an der Spitze wünscht er sich „einen Brückenbauer zwischen den Männern, Frauen und der Jugend, einen, der eine klare Linie vorgibt.“ Es hapert zwar nicht mehr so zwischen den einzelnen Bereichen, wie das schon mal der Fall war, „aber natürlich könnten wir noch viel besser sein“. Ganz verloren ist Dieter Schneider noch nicht. „Wenn wir ihn oder seinen Rat brauchen steht er zur Verfügung“,ist Alexander Kayser dankbar.Zumindest bis Ende Juni. Auch wenn das in der Corona-Zeit ein eher leiser Abschied wird. Danach will Schneider an den Wochenenden auch mal wandern gehen. Und sich mehr um die zuletzt eher stiefmütterlich behandelten SVB-Schiedsrichter kümmern. Auch das kann eine lohnende Aufgabe sein.

Quelle:Kreiszeitung Böblingen