Am Sonntagfrüh starten die Fußballer der SV Böblingen nach einer katastrophalen
 Rückrunde und dem Abstieg aus dem württembergischen Oberhaus in die
 Vorbereitung auf die kommende Landesliga-Saison.
BÖBLINGEN. Während der eine, Bernd Hoffmann,schon zweimal bei der SVB war und
 in der Fußballszene als ganz erfahrener Trainerfuchs gilt, ist der andere, Ayala Fanesi,
 ein gänzlich unbeschriebenes Blatt.Der 41-jährige Italiener wohnt mit seiner
 Familie in Maichingen. Er ist lizenzierter Fußballtrainer sowie Sportlehrer am Sindelfinger
 Stifts- und Herrenberger Andreae-Gymnasium, derzeit vom Regierungspräsidium
 mit einem 1-Jahres-Vertrag als Vertretung ausgestattet. Seine deutsche Frau ist
 Musikerin und unterrichtet an der Musikschule in Sindelfingen. „Unsere große Liebe
 zu Deutschland hat uns hierher geführt“,sagt der 41-Jährige, der stundenlang über
 Fußball dozieren könnte und das auch gerne tut. Ayala Fanesi über . . .
 . . . seinen Werdegang:
 Der 41-Jährige hat schon einige Stationen hinter sich. Angefangen von seiner ersten
 Auslandserfahrung in Neuseeland (Auckland),die ihm deshalb ganz besonders in Erinnerung
 geblieben ist, „weil ich dort meine Frau kennengelernt habe“. Bei Tranmere
 Rovers in Liverpool arbeitete er in der Jugend, danach war er in der Schweiz Trainer
 der Kantonauswahl Waadt mit der Hauptstadt Lausanne. „Eine sehr interessante
 Aufgabe, weil es vor allem darum ging, Spieler auf eine mögliche Profikarriere
 vorzubereiten.“ Zuletzt war er in der 3. italienischen Liga beschäftigt, als er sich die
 Frage stellte: „Wo kann ich mich als Trainer weiterentwickeln?“ Seine Frau half ihm auf
 die Sprünge: „Deutschland passt besser zu Dir.“ Erste Erfahrungen hier sammelte er in
 der Fußballschule des VfB Stuttgart.
. . . die deutsche Sprache:
 Seit eineinhalb Jahren leben die Fanesis in Maichingen, sind inzwischen stolze Eltern
 eines 17 Monate altes Kindes. „Ich wollte so schnell wie möglich die deutsche Sprache
 lernen, um damit auch die deutsche Kultur besser zu verstehen.“ Nach sechs Monaten
 legte er eine Prüfung ab. Mit Erfolg. „Das reicht, um beispielsweise schon als Verkäufer
 arbeiten zu können.Aber ich bin ja Sportlehrer, da gehört eigentlich mehr
 dazu“, wunderte er sich selbst ein bisschen.Also büffelt er weiter – vor allem
 auch die ganz spezifische Fußball-Terminologie. „Sobald ich Trainer bin,
 muss man ganz klare und unmissverständliche Kommandos geben können.“ Wenn das nicht
 reicht, helfen auch mal Hände und Füße –und sein italienisches Temperament.
. . . sein Verständnis von Fußball:
 Da unterscheidet er ganz klar zwischen dem Spiel mit und ohne Ball. „Ballbesitz muss
 ein klares Ziel verfolgen, entweder es geht nach vorne, wenn sich die Möglichkeit ergibt,
 oder man muss den Ball in den eigenen Reihen halten.“ Ohne Ball heißt für ihn: eng
 stehen, Pressing bei richtigem Timing und wenn die Kommunikation stimmt. Kostproben
 seiner Vorstellungen von Fußball:„Man kann hoch verteidigen, aber man muss
 immer wissen, wo das eigene Tor steht.“ Oder: „Verteidigen ist der erste Moment, um
 anzugreifen. Aber mit Ordnung.“ Oder auch:„Natürlich wollen wir Tore schießen. Aber
 das Wie ist entscheidend.“ Und genau da kommen die Qualitäten seiner Spieler dazu.
 „Unsere Aufgabe als Trainer ist es, diese Qualitäten zusammenzubringen. Wir haben
 nur einen Ball, keine fünf – Fußball funktioniert nur gemeinsam.“
. . . seinen neuen Verein:
 „Hier im Kreis, wo ich auch wohne und lebe, hatte Böblingen von Anfang an Priorität
 für mich“, so Fanesi. Er machte den ersten Schritt, stellte sich vor – und die SVB
 reagierte auch darauf. „Eine optimale Anlage,gute Gespräche mit den Verantwortlichen.
 Ich möchte mich auch beim Verein bedanken, dass er mir diese große
 Chance bietet, als Trainer arbeiten zu dürfen“, freut er sich auf seine neue
 Aufgabe.
. . . seine künftige Mannschaft:
 Bereits in der abgelaufenen Saison saß Ayala Fanesi einige
 Male auf der Tribüne im Böblinger Stadion.„Ich habe gleich gefühlt, dass das passen
 könnte.“ Dieser Eindruck bestätigte sich auch beim ersten gemeinsamen Treffen, als
 sich die neuen Trainer vorstellten. „Auch wenn sie aus der Verbandsliga abgestiegen
 ist, ist das keine schlechte Mannschaft. Sie kann viel mehr als das, was sie zuletzt gezeigt
 hat. Und diese Qualitäten müssen wir wieder zum Vorschein bringen.“ Wie das gelingen
 kann? „Wir müssen wieder ein Feuer entfachen, dafür will ich sorgen.“ Dabei
 wird der Kader bei vielen Zu- und Abgängen ein anderes Gesicht haben. Allerdings
 hat er in der kurzen Zeit auch schon festgestellt:„Die Spieler kommen gerne nach
 Böblingen, Der Verein hat einen guten Ruf.“Aus einem Fernziel macht er jedoch auch
 kein Hehl: „Ich habe mir zuletzt viele Spiele angeschaut und liebe die Regionalliga. Die
 Spieler stehen auf dem Sprung in den Profibereich.Gerne würde ich eines Tages mal
 eine Mannschaft dort übernehmen.“ Die nötige Lizenz dafür besitzt er auf jeden Fall.
 Mit der SV Böblingen ist das aber eher unwahrscheinlich,dazu müsste sie gleich dreimal
 aufsteigen.
. . . Bernd Hoffmann:
 „Es ist eine große Ehre für mich, mit ihm zusammenarbeiten zu dürfen“, versichert
 Ayala Fanesi. Die beiden bilden ein gleichberechtigtes Duo, keiner ist der Chef. Dazu
 sind sie fast täglich in Kontakt und tauschen sich aus, seitdem feststeht, dass sie bei
 der SVB künftig das Sagen haben. Und der Altersunterschied: Ayala ist 41, Hoffmann
 69. „Das sehe ich sogar als großen Vorteil an“, so Fanesi. Und wählt einen Vergleich
 aus der Formel I. „Ein überragender Motor braucht auch ein tolles Auto, um die Geschwindigkeit
 auf die Straße bringen zu können.“
. . . die kommende Landesliga-Runde:
 Am Sonntagvormittag ist nicht nur Trainingsauftakt bei der SVB, sondern für Fanesi
 der Startschuss, „um eine neue Entwicklung einzuleiten“. Einer Stadt wie Böblingen
 würde es nicht gerecht werden, nur in der Landesliga zu spielen, wagt sich der
 41-Jährige aus der Deckung. Beeilt sich aber auch zu sagen: „Das muss nicht gleich für
 diese Saison gelten, wir wollen keinen Druck auf die Mannschaft ausüben.“ Viel
 lieber steckt er sich kleine Ziele: vom Training zum Spiel, vom nächsten Training zum
 nächsten Spiel. „Priorität hat, dass die Leistung immer besser werden muss. Und am
 Ende der Saison schauen wir dann alle gemeinsam auf die Tabelle. Nicht vorher.“
„Auch wenn sie aus der Verbandsliga abgestiegen ist, ist das keine schlechte Mannschaft.
 Sie kann viel mehr als das, was sie zuletzt gezeigt hat. Und diese Qualitäten müssen wir wieder
 zum Vorschein bringen“
 Ayala Fanesi
 Trainer der SV Böblingen
