Im Abstiegsduell bei Olympia Laupheim bis zur 86. Minute 1:0 geführt – Klassenerhalt rückt in immer weitere Ferne
Wie sich die Bilder am späten Samstagnachmittag glichen:
Abstiegstristesse beim VfB, Entsetzen auch 120 Kilometer weiter südlich in Laupheim
bei den Verbandsliga-Fußballern der SV Böblingen. Aus der 1:0-Führung wurde
nach einem Doppelschlag kurz vor Schluss eine 1:2-Niederlage.
Der Blick bei Spielern, Trainer und Betreuern ging ins Leere. Für Böblingen
war das die Höchststrafe. Wie ein Delinquent,der erst den Kopf aus der Schlinge
zieht, um dann doch noch aufs Schafott geführt zu werden. „Das ist ultra frustrierend“,
sagte Trainer Denis Tuksar, „mir tun die Jungs einfach nur leid, denn sie haben
alles in die Waagschale geworfen.“Mit einem Sieg, der zum Greifen nahe
war, wären die Böblinger auf Platz zwölf geklettert.So aber sind sie weiterhin Drittletzter,
und das rettende Ufer rückt in immer weitere Ferne.
„Zu dem Zeitpunkt sprach überhaupt nichts dafür, dass Laupheim auch nur ein
Tor schießen würde“, ließ Tuksar die letzten Minuten Revue passieren. „Das stimmt“,
pflichtete Trainerkollege Rolf Baumann bei.Und als Trost für die weite Heimfahrt:
„Nicht aufgeben! Ihr habt so eine gute Mannschaft.“ Als Sieger fallen einem solche
Worte leicht, wenn dazu die eigenen Spieler ein Freudentänzchen aufführen, weil sie
selbst nicht glauben konnten, was der Fußballgott mit ihnen angestellt hatte.
Mit Tim Kühnel und überraschend auch Patrick Scheele in der Viererkette, damit
immerhin ein Linksfuß in der ersten Elf, begann die SVB so, wie sich das Denis Tuksar
vorgestellt hatte.Kompromisslos,laufstark und immer darauf aus, vorne
Nadelstiche zu setzen.In der 10. Minute leitete Daniel Knoll nach einem
gewonnenen Zweikampf einen Konter über Christian Mijic ein, der Ball kam
zurück zu Knoll, der im Sechzehner abgeblockt wurde. Genau so konnte es funktionieren.
Zumal den Laupheimern nicht wirklich viel einfiel.Spielerisch taten sie
sich auf ihrem unebenen Platz schwer, gefährlich wurden sie fast nur bei Standards
und weiten Einwürfen. Auffallend aber da schon: SVB-Keeper Ben Brenken ist nun
mal kein „Strafraummonster“, der seinen Sechzehner beherrscht, auf der Linie fühlt
er sich wohler. Zweimal nahmen ihm Fabian Schragner und Faruk Korkmaz die Arbeit
ab, einmal lupfte der Laupheimer Arne Kittel den Ball übers Gebälk.
Erfolgreicher war da die SVB: In der 37.Minute zog Tim Kühnel den Ball flach und
scharf Richtung Tor, Yannick Toth stocherte noch ein bisschen mit, der Laupheimer
Reichl fälschte unhaltbar ab – 0:1. Böblingen führte, ein schon lange nicht mehr gekanntes
Glücksgefühl. Es hätte sogar noch besser kommen können, doch Mijic jagte die
Kugel aus spitzem Winkel drüber (41.).Es sprach zur Pause viel für Böblingen,
wenig für Laupheim. Und dazu passte auch die 47. Minute, als einer dieser weiten Einwürfe
der Gastgeber mit dem Kopf verlängert wurden und an der Latte landete. Zwei
Schritte vor, einer zurück – Brenken war zu zögerlich beim Herauslaufen. Diesmal ging’s
gut, auch beim Kopfball von Glaser, der am Pfosten landete (64.). Gleich zweimal Aluminium
also – Fortuna schien ein Einsehen mit der SVB zu haben, die weiterhin ihrer Linie
treu blieb, hinten alles wegräumte, so gut es ging, und vorne auf ihre Chance lauerte.
Eine Hereingabe von Mijic wurde abgefangen,der deutlich verbesserte Ivan Vargas
Müller hatte Pech mit einem Kopfball. Dann setzte sich Tim Kühnel entschlossen durch,
scheiterte aber allein vor dem starken Laupheimer Keeper.
Innerhalb von 60 Sekunden platzen alle Böblinger Sieghoffnungen
Die Minuten verrannen, den lange Zeit einzigen Aufreger entschärfte Ben Brenken,
als er bei einem Schuss von Glaser rechtzeitig die Fäuste hochriss. Alles war gut aus
Böblinger Sicht – bis zur 86. Minute: Simon Dilger stocherte eine Hereingabe über die
Linie – 1:1. Die nächste Laupheimer Flanke keine 60 Sekunden später landete wieder
auf dem Kopf von Dilger, der Rettungsversuch von Faruk Korkmaz kam zu spät – 2:1.
Ob Brenken beide Flanken abfangen konnte? „Ich mache der Innenverteidigung keinen
Vorwurf“, so Tuksar mit leiser Stimme,„man kann nicht jede Flanke verteidigen.“
Dazu braucht man auch den Torhüter.„Laupheims Keeper hat sich die Bälle sogar
noch am Elfmeterpunkt heruntergepflückt.“Um noch an den Klassenerhalt zu glauben,
bedarf es schon eines Fußballwunders.Oder man hat den unerschütterlichen Optimismus
eines Egbert Schwartz. „Wir haben noch eine Chance“, so der Co-Trainer fast
schon trotzig. Vier Spiele stehen aus, zwölf Punkte sind zu vergeben. Die nächsten Gegner
heißen allerdings Göppingen (Freitagabend)und Neckarsulm, Erster und Dritter
in der Tabelle. Denis Tuksar ist es egal:„Wir brauchen noch drei Siege.“ Und das
mit einer Mannschaft, die er nach Laupheimerst wieder zum Leben erwecken muss.