Jetzt lässt sich die SV Böblingen in der Fußball-Verbandsliga nicht mal mehr von einem Aufstiegsaspiranten ins Bockshorn jagen. Das 2:0 gegen den TSV Essingen war hochverdient und gleichzeitig das sechste Spiel im neuen Jahr ohne Niederlage.

VON MICHAEL STIERLE

BÖBLINGEN. Gleichzeitig arbeitet sich die SVB Schritt für Schritt aus dem Tabellenkeller, überholte den FV Olympia Laupheim, hat inzwischen richtig Luft auf die drei hinteren Plätze und ist nur noch drei Punkte weg vom Elften VfL Nagold.

“Das war einfach nur überragend”, gratulierte Dieter Schneider aus dem Vorstandsteam Trainer Mario Estasi. Erst hatten die Böblinger bange Minuten zu überstehen, dann arbeiteten sie sich regelrecht in das Spiel hinein, um den vermeintlichen Favoriten am Ende auch spielerisch auseinanderzunehmen. “Man muss aber auch sehen, dass wir jetzt gegenüber der Vorrunde eine ganz andere Mannschaft auf dem Platz haben”, erinnerte Estasi an das 0:4 im Hinspiel. “Wir haben inzwischen die Alternativen, die uns damals fehlten. Und deshalb kommen auch solche Leistungen zustande.” Dabei hatte er zum ersten Mal 2015 seine Mannschaft umgestellt. Auch notgedrungen. Für den verletzten Fabian Schragner bestritt Rückkehrer Marko Matovina sein erstes Punktspiel. “Überzeugend”, gab’s ein Lob vom Trainer. Außerdem gönnte er Faruk Korkmaz eine schöpferische Pause, für ihn durfte Hakan Cakmak von Beginn an ran.

Erst einmal war aber tief Luftholen angesagt, Torhüter Florian Mack wurde in den ersten sieben Minuten drei Mal gefordert. “Puh, das ist ein anderes Kaliber als unsere Gegner zuletzt”, stöhnte Dieter Schneider. Die robusten und spielstarken Essinger gaben den Ton an, “doch nach 20 Minuten haben wir das Fußball spielen eingestellt”, haderte Gäste-Trainer Karl-Heinz Schüler. Böblingen hielt dagegen, gewann immer mehr Zweikämpfe und traute sich nach vorne. Nach 24 Minuten zielte Christian Mijic aus spitzem Winkel vorbei, kurz vor der Pause bereitete Luca Wöhrle prima für Hakan Cakmak vor, doch irgendwie brachte TSV-Keeper Pless noch den Fuß an den Ball.

Die SVB war längst auf Augenhöhe, bei Essingen lief nicht mehr viel zusammen. “Wir hatten uns in der Pause viel vorgenommen, aber es wurde eher schlechter”, schüttelte Essingens Trainer Schüler den Kopf. Dagegen bekamen die Gastgeber immer mehr Oberwasser, das Spiel verlagerte sich zusehends in die Hälfte der Gäste. “Wir haben sogar noch einen Zahn zugelegt”, staunte selbst Estasi. Auch ein Garant dafür: der eingewechselte Tim Schwaiger. Der A-Jugendliche war für die robuste Abwehr der Gäste einfach zu schnell, ihn hatten sie offenbar überhaupt nicht auf der Rechnung.

Nach einer Stunde legte Kapitän Timo Paetzold den Ball Hakan Cakmak mustergültig auf, doch der schloss zu überhastet ab. Wenig später leitete Daniel Knoll einen Konter ein, Schwaiger überspielte seinen Gegenspieler Ruth, der nahm die Hand zur Hilfe – Elfmeter. Das Problem dabei: Der etatmäßige Schütze Ivan Vargas Müller war verletzt draußen. Also schnappte sich Cakmak den Ball, schoss aber nicht platziert genug und scheiterte am Keeper.

Manche lassen nach solch einer Aktion den Kopf hängen, Hakan Cakmak will es erst recht wissen. Eine Schwaiger-Hereingabe nahm er im Sechzehner an, ließ vier Essinger aussteigen, dann auch Torwart Pless ins Leere laufen und schob den Ball ins verlassene Tor (80.). “Dieses 1:0 war allein das Eintrittsgeld wert”, hielt es Mario Estasi nicht mehr in seiner Coaching-Zone.

Dem A-Jugendlichen Tim Schwaiger zuzusehen, ist eine wahre Freude

Nur 60 Sekunden später: Wieder bereitete Tim Schwaiger klasse vor, seine Flanke verwertete Luca Wöhrle mit dem Kopf – 2:0. Alles eine Sache des Willens – und der ist bei den Böblingern derzeit unbändig. Noch einmal Estasi über sein “Juwel” Schwaiger: “Ich hoffe, dass er noch lange in Böblingen spielt.” Dem Jungen zuzusehen, ist in der Tat eine wahre Freude.

Essingen war geschlagen, Christian Mijic hätte nach einem Sprint über das ganze Feld fast noch den dritten Treffer erzielt. Gäste-Trainer Schüler zähneknirschend: “Wir haben in der ganzen zweiten Halbzeit kein einziges Mal aufs Tor geschossen. Der Böblinger Sieg ist verdient.” SVB-Vorstandsmitglied Dieter Schneider richtete den Blick gleich nach vorne: “Nächste Woche müssen wir zum TSV Berg, der hat einen ähnlich guten Lauf wie wir. Nimmt man nur die Rückrundentabelle, spielt da der Dritte gegen den Vierten. Fast ein Spitzenspiel also.” Wenn da nur diese miserable Vorrunde nicht wäre.

SV Böblingen: Mack (1,5), Frölich (1,5), Zweigle (1), Mijic (1,5), Cakmak (1,5/84. Korkmaz), Vargas Müller (2/58. Schwaiger 1), Paetzold (1,5/89. Djordjevic), Matovina (1,5), Knoll (1), Wöhrle (1), Raich (1).Tore: 1:0 (80.) Cakmak, 2:0 (82.) Wöhrle.Schiedsrichter: Zauner (Schwäbisch Hall).Zuschauer: 200Besondere Vorkommnisse: Essingens Torhüter Pless hält Handelfmeter von Cakmak (70.), Gelb-Rot Faber (TSV/85.) wiederholtes Foulspiel.Bewertung: 1 = starke Leistung, 2 = Licht und Schatten, 3 = schlechter Tag.