Thomas Siegmund und Verein einigen sich in konstruktivem Gespräch auf Trennung zum Saisonende
Thomas Siegmund bleibt bei seiner bereits vor einigen Wochen gemachten Ankündigung: “Unsere Wege werden sich nach dieser Saison trennen”, stellt der Trainer von Landesligist SV Böblingen nach einer Unterredung mit den neuen Verantwortlichen der Fußballabteilung klar.
Am Dienstagabend, nur 48 Stunden nach dem nicht unbedingt zu erwartenden Triumph bei der Sindelfinger Hallen-Gala, setzten sich alle Beteiligten an einen Tisch. Heraus kam, dass sich die SVB für die kommende Runde nach einem neuen Trainer umsehen muss und der 29-jährige Siegmund nach dann ziemlich genau dreieinhalb Jahren seine Zelte in Böblingen abbrechen wird.
“Topf und Deckel passen nicht ganz zusammen”, lässt Siegmund durchblicken. Und deutet eher vage an: “Mit unseren sportlichen Vorstellungen liegen wir nicht zu 100 Prozent auf einer Linie.” Gleichzeitig sagt er aber auch: “Wir gehen nicht im Clinch auseinander, die Verbundenheit mit der SV Böblingen wird immer bleiben.”
In die gleiche Richtung äußert sich auch der Verein. “Thomas Siegmund hat dreieinhalb Jahre lang sehr gute Arbeit in Böblingen geleistet. Wir sind seiner Arbeit zu großem Dank verpflichtet. Allerdings haben wir festgestellt, dass es trotz eines sehr guten Gesprächs leider nicht für eine weitere Zusammenarbeit reicht. Deshalb haben wir im Dialog gemeinsam entschieden, nach der Saison getrennte Wege zu gehen”, sagt Spielleiter Thomas Hahn, der betont, dass beide Seiten mit offenen Karten gespielt haben und im ständigen Austausch standen, offen und konstruktiv. “Vielleicht findet man zu einem späteren Zeitpunkt ja noch einmal zusammen”, erklärt Hahn. Das Tischtuch ist also absolut nicht zerschnitten. “Thomas Siegmund ist ein Top-Trainer mit riesigen Ambitionen. Zum jetzigen Zeitpunkt konnten wir aber einige seiner angesprochenen Punkte nicht erfüllen”, räumt Hahn ein. “Da wollten wir auch ehrlich sein und ihn nicht enttäuschen.”
Nicht so rosige Vorzeichen hatten sich vor Saison noch verschlechtert
In der SVB-Jugend hatte Thomas Siegmund seine Trainerlaufbahn begonnen, war nach einem Abstecher in den Nachwuchsbereich der Stuttgarter Kickers mitten in der Saison 16/17 als damals 26-jähriger Jungspund zurückgekehrt – einige Spieler der ersten Mannschaft waren damals älter als er selbst. “Das waren jetzt drei anstrengende Jahre”, blickt er zurück, “doch das macht man gerne, wenn alles in einem vernünftigen Rahmen abläuft”, schließt er darin auch seine inzwischen immer mehr gestiegenen Anforderungen im Beruf mit ein.
Doch vor der Runde verschlechterten sich sich die ohnehin nicht rosigen Vorzeichen noch einmal. Der Fehlstart mit vier Niederlagen in Folge war die fast logische Folge der einfach nicht mehr zu kompensierenden Unzulänglichkeiten, die erst im Laufe der Hinrunde behoben wurden. Dazu gehörten neben dem viel zu kleinen Kader die vakanten Positionen des Physiotherapeuten und Co-Trainers, zudem ging die SVB mit nur einem einzigen Torhüter in die Saison. Ein Wagnis, das gutgehen kann, aber nach der Roten Karte für Dominik Traub dazu führte, dass zwischendurch auch Keeper Robin Henne aus der zweiten Mannschaft sowie mit Patrick Bäuerlein, Endrit Syla und Florian Mayer gleich drei etatmäßige Feldspieler zwischen die Pfosten gehen mussten. Probleme, die inzwischen der Vergangenheit angehören. Mit Philip Matz wurde ein ehemaliger Böblinger Nachwuchstorwart vom VfL Nagold zurückgeholt, Stefan Frost kümmert sich als Physio um die kleinen und großen Wehwehchen der Spieler, und seit der Hallen-Gala steht Siegmund mit Ex-Kickers-Profi Enzo Marchese auch ein versierter Co-Trainer zur Seite. “Das alles sollte eigentlich der Normalfall sein, das gibt’s auch bei jedem Kreisliga-A-Verein”, weiß der SVB-Coach die Verbesserungen richtig einzuordnen. “Der Idealzustand sieht noch einmal anders aus.”
Dass damit aber die Richtung stimmt, die von den neuen Verantwortlichen um Alexander Kayser als Vertreter des Hauptvereins und Thomas Hahn als Spielleiter, eingeschlagen wurde, erkennt auch Thomas Siegmund an. “Dass die allgemeinen Rahmenbedingungen verbessert werden müssen, genau wie die finanzielle Situation der Abteilung, darüber besteht ganz klar Einigkeit”, sagt er. Dass dabei die ersten Schritte vollzogen sind, der Prozess aber nicht von heute auf morgen abgeschlossen sein wird, ist ebenfalls unbestritten.
Vielleicht sitzt der Frust über das vergangene halbe Jahr aber doch zu tief. “Ich will immer das Maximale herausholen, natürlich immer in Relation zu dem, was einem zur Verfügung steht”, schaut er auf sein bisheriges Abschneiden, das so schlecht nicht ist, auch der aktuelle vierte Platz kann sich sehen lassen. “Mehr als Rang zwei und das verkorkste Relegationsspiel in Ravensburg gegen Friedrichshafen sprang bislang halt nicht heraus”, so Siegmund über die vergangene Saison, als ein Punkt zur Meisterschaft fehlte und seine Mannschaft im ersten Aufstiegsspiel bei einer 2:0-Führung schon wie der Sieger aussah, nach Verlängerung aber als 2:4-Verlierer vom Platz ging.
Was das alles für den Rest der Rückrunde bedeutet? “Ich glaube, der Zeitpunkt, an dem diese Entscheidung getroffen wurde, ist gut, auch für den Verein. Und wer mich kennt, der weiß, dass ich klar im Kopf und in der Arbeitsweise bin, diesen Stil natürlich auch nicht ändern werde.” Ein eindeutiges Ziel hat er sich noch gesteckt: “Nachdem ich den Gewinn der Hallen-Gala von meiner To-do-Liste bei der SV Böblingen streichen kann, fehlt mir nur noch ein großes Thema. Es wäre toll, wenn ich mich mit dem Aufstieg verabschieden könnte.”
Auf Spielleiter Thomas Hahn wartet jetzt intensive Nachfolger-Suche
Bis dahin dürfte auch ein Nachfolger feststehen. “In den nächsten Wochen wird sich die Fußballabteilung intensiv mit der Suche nach einem Nachfolger beschäftigen”, heißt es in einer SVB-Pressemitteilung. Federführend dabei ist der Spielleiter, schließlich besitzt Thomas Hahn einen Haufen Kontakte in die Fußballszene, von denen laut ihm einige ein Thema werden könnten. “Die Auswahl treffe ich selbst, das fällt unter meine Kompetenzen”, nickt er. “Die finale Entscheidung fälle ich aber nicht allein.”
Auf den ersten Blick fiele einem da Enzo Marchese ein, den die Böblinger erst kürzlich als Co-Trainer präsentiert haben, teils auch mit dem drohenden Siegmund-Abgang im Hinterkopf. Thomas Hahn tritt in diesem Fall jedoch erst einmal auf die Bremse: “Mit Enzo gibt es eine klare Absprache, sein Vertrag läuft erst einmal bis zum 30. Juni.” Was danach kommt, da sehe man weiter. “Er muss erstmals reinschnuppern in den Trainerposten und schauen, ob es mit der SVB passt.” Dem Landesligisten stehen also ein paar spannende Wochen bevor.
Quelle: Kreiszeitung Böblingen