SV Böblingen dreht nach der Pause auf und ist jetzt Tabellenzweiter
Für die Landesliga-Fußballer der SV Böblingen war Wittendorf am Sonntagnachmittag eine Reise wert. Ein idyllisches Flecken Erde im Nordschwarzwald, traumhaftes Spätsommerwetter, eine sympathische Aufsteigermannschaft und exakt 324 Zuschauer. Viel geboten auf dem kleinen, engen Sportplatz, der fast den Charakter einer Arena besitzt. Dazu ein Transparent am Eingang mit einem Gruß von der örtlichen Feuerwehr: “Ab sofort geht’s auf die Autobahn” – in Anlehnung an die weiteren Auswärtsfahrten in dieser Saison.
In diesem kleinen Hexenkessel zu bestehen, ist gar nicht so einfach, Umso besser, wenn das so gut gelingt wie der SV Böblingen, die mit dem hochverdienten 3:1-Sieg zum achten Mal in Folge ungeschlagen blieb und sich gleichzeitig auf Platz zwei verbesserte. “Darauf kann man schon ein bisschen stolz sein”, war Trainer Thomas Siegmund nach dem Spiel aufgeräumt wie selten.
Eine Halbzeit lang benötigte seine Mannschaft, um sich auf die “ganz besonderen Gegebenheiten” (Siegmund) einzustellen. Sobald sich den Wittendorfern die Chance bot, legten sie den Vorwärtsgang ein – ein kurzer Sprint aus dem Mittelfeld genügte schließlich, um in Strafraumnähe für Torgefahr zu sorgen. Nach fünf Minuten legten sie den Ball nach einem Freistoß kurz quer, die Böblinger lösten ihre Mauer zu spät auf, Henry Seeger nahm Maß – 1:0. Es spricht aber inzwischen für die SVB, dass sie mit solchen Rückschlägen umgehen kann. Im Gegenzug glückte Philip Kalmbach fast der schnelle Ausgleich, der Ball wurde zur Ecke abgewehrt, von dort butterweich hereingegeben, sodass ihn Sascha Raich nur noch über die Linie drücken musste – 1:1. “Er spielt bisher eine überragende Saison”, so Siegmund über seinen inzwischen neunfachen Torschützen.
In der turbulenten Anfangsphase visierte Besim Ramadani aus der Distanz auch noch die Querlatte an, dann beruhigte sich das Ganze etwas. In der Folge war Wittendorf die stärkere Mannschaft, weil die SVB bereits im Mittelfeld viel zu oft den Ball herschenkte. Dabei trugen die Gastgeber ihre Angriffe keineswegs nur nach dem gleichen Strickmuster vor, wie man ihnen das gerne nachsagt: weiter Ball auf Bossert, und der lässt abtropfen. Im Gegenteil, das sah fußballerisch mitunter ganz gefällig aus. Bei einem Fernschuss fehlten nur Zentimeter, dann musste Jens Wolf im Herauslaufen Kopf und Kragen riskieren gegen den fair über ihn springenden Radion Eckert. Auf der Gegenseite suchte Raich im Sechzehner trotz Trikotzupfer den Abschluss, die anschließende Forderung nach einem Elfer verhallte deswegen ungehört. “Man kann auf diesem Platz nicht 90 Minuten lang so verteidigen, dass keine Gefahr besteht”, musste Thomas Siegmund beim Pausengang eingestehen. “Dafür lassen sich die Wittendorfer bei ihren Standards, Ecken und Einwürfen viel zu viel einfallen.”
Nachdem SVB-Kapitän Fabian Schragner gleich nach Wiederanpfiff kurz vor der eigenen Torlinie klärte, hatten die Gastgeber ihr Pulver erst mal verschossen. Fortan zog die SVB so gut es ging ihr Kombinationsspiel auf, kam auch immer wieder zum Abschluss. Doch die Schüsse, vor allem Besim Ramadani probierte es immer wieder, wurden abgeblockt, Ante Jurkic zielte nach einem Rückpass von Marc Hetzel genau in die Arme des Torhüters.
War bis dahin Sascha Raich auffälligster Böblinger, so hatte jetzt Marc Hetzel seinen großen Auftritt – rechtzeitig, bevor sein Trainer möglicherweise an seine Auswechslung dachte. In der 70. Minute setzte er sich gegen gleich vier Wittendorfer durch, brachte den Ball nach innen, wo André Esteves nur noch den Fuß hinhalten musste – 1:2. Wenig später später nahm er ein Zuspiel von Raich blank – 1:3. “Ich habe mit ihm in der Halbzeit ein ernstes Wörtchen geredet”, so Siegmund mit einem vielsagenden Lächeln. Dieser Doppelschlag war entscheidend. Und als auf der Gegenseite zwei brandgefährliche Ecken hintereinander nichts mehr einbrachten – die erste wurde irgendwie geklärt, die zweite landete am Innenpfosten -, war klar, dass die SV Böblingen den Platz als Sieger verlassen und Wittendorf in guter Erinnerung behalten wird.
Marc Hetzel hat seinen großen Auftritt mit Vorlage und Tor
“Wir haben in der zweiten Hälfte die richtigen Antworten gegeben und stehen jetzt auch ganz gut da”, so Siegmund zufrieden. Dabei fehlte sogar einer wie Daniel Knoll, der im Mittelfeld die Fäden zieht, nach seinem Infekt aber zu früh ins Training eingestiegen war, am Freitag umkippte und erst mal ausfallen wird. “Wir haben ein gutes Grundgerüst, auf dem wir aufbauen können, und auch die individuelle Klasse, um solche Spiele für uns zu entscheiden.” Mal sehen, wo das die SV Böblingen noch hinführt.