Passend dazu waren die 90 Minuten in der Unistadt: Erst 0:2 hinten,dann ruck, zuck den Ausgleich geschafft,wieder arg am Wackeln, ehe ein erneuter Doppelschlag den Sieg bedeutete. 64 Punktehat Böblingen aktuell auf dem Konto – genauso viele wie in der Meister-Saison 10/11.„Dann können wir so viel nicht falsch gemacht haben“, schaute auch Trainer Thomas Siegmund nach diesem Wechselbad der Gefühle ganz zufrieden drein, „die Richtung stimmt.“ Wo das am Ende noch hinführt? Der Ausgang ist absolut ungewiss, sicher ist dafür, dass auch in Pfullingen langsam das Nervenflattern beginnen dürfte, nachdem der VfL die Tabelle wochen-, ja sogar monatelang mit vier, fünf oder noch mehr Punkten Vorsprung anführte.Dass so etwas einen Verfolger auf Dauerauch mürbe machen kann, ließen die Böblinger im ersten Durchgang erkennen. Trotzder Steilvorlage vom Samstag, dem Pfullinger 0:1 in Holzhausen. Und trotz des ersten Aufregers in der 25. Minute, als Abdoul Goffar Tchagbele eine Esteves Flanke an die Latte setzte. „Danach haben wir uns einfach zu viele Ballverluste geleistet“, so Siegmund, der wieder einmal ein echtes Personalpuzzle lösen musste, um eine brauchbare Elf auf die Beine zu stellen, nachdem auch noch Sascha Raich mit einer Adduktorenzerrung ausgefallen war.Nach schwacher erster Halbzeit wird der Trainer in der Kabine laut.Das 0:1 ging sicher auf die Kappe des unglücklichen Cedric Hornung. Erst verlor er den Ball fast an der Mittellinie, lief danach viel zu zögerlich zurück, sodass sein Gegenspieler Marc Poerschke fast ungehindert einköpfte (28.). Nach 33 Minuten traf Mohammed Arfaoui aus 18 Metern mit einem echten Kunstschuss – 0:2. „Das war kaum zu verteidigen“, so Siegmund. Gleichzeitig hatte seine in dieser Phase viel zu lethargische Mannschaft den Gegner, der mit dem 0:6-Rucksack aus der Vorwoche in Bösingen angetreten war, endgültig aufgebaut.Doch die Pfullinger, die das Spiel sicher am Live-Ticker verfolgten, freuten sich zu früh. Noch vor der Pause drosch Andre Esteves einen von Tübingen nicht sauber geklärten Freistoß in die Maschen – nur noch 1:2 (40.). „Dieser Anschlusstreffer war wichtig“, pustete Siegmund tief durch. Seine Ka-binenansprache bei Halbzeit war dennoch wesentlich lauter als sonst. „Ich wollte meinen Spielern noch einmal klarmachen, was nötig ist, um erfolgreich zu sein, dass dazu auch der Kopf gehört.“ Und mit einem Lächeln: „Sie haben es dann ja auch sehr gut umgesetzt.“Mit den Einwechslungen von Mert Kizilagil und Dejan Djordjevic lag der SVB-Trai-ner goldrichtig, vor allem letzteren hatte er quasi aus dem Hut gezaubert. „Wenn er spielen kann, dann spielt er auch, weil er individuell zu unseren Besten gehört“, so Siegmund. Was das aber immer wieder verhindert? „Vielleicht hat er ja Knochen oder Bänder aus Glas, ich weiß es nicht“, so Siegmund, angesichts der Fehlzeiten und dadurch notwendigen Rotiererei manchmal schier der Verzweiflung nahe.Nach dem Wechsel zahlte sich der Einsatz von Djordjevic sofort aus. Nach Kizilagils klugem Pass brachte Tim Kühnel den Ball nach innen, Djordjevic hielt den Fuß hin, ein Tübinger besorgte den Rest – 2:2 (47.). Endlich mal ein Angriff mit Tempo und Zug zum Tor – so konnte es weitergehen. Doch danach waren die Tübinger wieder an der Reihe. Erst verhinderte SVB-Keeper Dominik Traub den erneuten Rückstand, dann nahm er die Situation beim Herauslaufen zu locker, sodass Kapitän Fabian Schragner auf der Linie klären musste, ehe Arfaoui allein auf Traub zulief, den Ball aber über den Kasten setzte. Drei erstklassige Möglichkeiten innerhalb von nur sechs Minuten für den SV 03 – das Böblinger Strohfeuerschien schon wieder erloschen zu sein.Mit einem Punkt Rückstand noch gegen Gechingen und Darmsheim .Doch erneut Esteves gab die passende Antwort darauf: Nachdem Tchagbele abge-blockt wurde, traf er im Nachschuss zum 3:2(67.). Das Tor gehörte aber eigentlich Tim Kühnel, der erst den Ball eroberte und sich dann prima bis zur Grundlinie durchgesetzt hatte. Nur 60 Sekunden später störte wieder Kühnel erfolgreich, Kizilagil bediente Djordjevic, der zog aus 18 Metern ab – 4:2.Die Devise danach: Auf ihn mit Gebrüll! Die Böblinger Spieler samt Bank bildeten ein einziges Knäuel. Und Betreuer Rolf Kowalczyk konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, denn auf der kompletten Hinfahrt im kleinen Busle war er mit den neben ihm sit-zenden Esteves und Djordjevic unerbittlich ins Gericht gegangen, weil sie viel zu selten zur Verfügung stehen. „Offenbar wollten sie mir das Gegenteil beweisen“, so die treue Seele der SVB-Fußballer über die beiden Doppeltorschützen. „Zwei Spieler, die eigentlich gar nicht hätten spielen sollen“, ergänzte Siegmund.In den restlichen 22 Minuten ließen die Böblinger Ball und Gegner laufen, Abdoul Goffar Tchagbele traf den Pfosten. Noch einmal der Trainer: „Uns zeichnet schon die ganze Runde aus, dass wir Rückschläge wegstecken können.“ Abwarten, ob seine Mannschaft auf den letzten Metern mit den Derbys gegen Gechingen und Darmsheim tatsächlich noch den längeren Atem hat.SV Böblingen:Traub, Sener, Dodoli, Kalmbach,Kühnel, Knoll, Tchagbele, Emirzeoglu (46. Djordjevic), Hornung (46. Kizilagil), Schragner, Esteves(83. Marques Moreira).Tore:1:0 (28.) Poerschke, 2:0 (33.) Arfaoui, 2:1 (33.)Esteves, 2:2 Djordjevic, 2:3 (67.) Esteves, 2:4(68.) Djordjevic.Schiedsrichter:Zimmermann (Leutkirch).Zuschauer:175
Quelle: Kreiszeitung Böblingen